Kopfschmerz und Migräne
Fast jeder von uns kennt sie - Kopfschmerzen.
In Deutschland geben 70 % der Bevölkerung an, während der letzten 12 Monate wenigstens einmal unter Kopfschmerzen gelitten zu haben. Bei immerhin 25% der Patienten waren die Beschwerden so stark, dass sie ein Medikament dagegen benötigten. Jeder dritte Kunde in der Apotheke verlangt ein Schmerzmittel.
Welche Kopfschmerzformen treten häufig auf ?
Spannungskopfschmerz ist die am weitesten verbreitete Kopfschmerzform. Eine Attacke dauert von einer halben Stunde bis zu zwei Tage. Wie der Name schon sagt, treten hierbei sehr häufig Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich auf.
Etwa jeder achte Bundesbürger leidet unter Migräne (frz. "migraine" = Kopfschmerz).
Schon Kinder können Migräne bekommen. Am häufigsten tritt sie im Alter von 15 bis 20 Jahren erstmalig auf. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer.
Migräne sind chronische Kopfschmerzen, die mit oder ohne "Aura" (meist Sehfunktions- und Sprachstörungen) periodisch wiederkehren. Eine Migräneattacke dauert von drei Stunden bis zu drei Tagen! Migränekopfschmerz tritt zumeist einseitig auf, kann aber die Kopfseite wechseln! Neben den starken Schmerzen treten während der Attacke häufig Übelkeit mit Erbrechen sowie Licht- und Lärmempfindlichkeit als sehr unangenehme Begleitsymptome auf. Jeder dritte Migräniker ist dabei so krank, dass er/sie nicht aus dem Bett aufstehen oder gar arbeiten kann.
Welche Prozesse laufen bei einer Migräneattacke ab?
Die eigentliche Ursache für den Ausbruch einer Migräne ist noch nicht endgültig geklärt. Entzündliche Prozesse an den Gefäßen im Gehirn sowie ein sog. Migränegenerator im Hirnstamm sind im Zusammenhang mit einer schnellen Abnahme des Serotoninspiegels (Serotonin ist ein Gewebshormon) und der damit verbundenen raschen Gefäßerweiterung im Gehirn wahrscheinlich die verantwortlichen Faktoren.
Was löst einen Migräneanfall aus?
Stress, veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus häufig an Wochenenden, bestimmte Nahrungsmittel, Alkohol, bei Frauen zusätzlich noch schwankende Östrogenspiegel können eine Migräneattacke auslösen. Man nennt diese Auslösefaktoren auch Triggerfaktoren.
Übergewicht und Auftreten sowie Häufigkeit von Migräne-Attacken stehen offenbar in einem Zusammenhang. Nach einer groß angelegten US-amerikanischen Studie in über 120.000 Haushalten über Art und Häufigkeit von Kopfschmerzen ließen sich 19.000 Migräne-Patienten feststellen. Bei Normalgewichtigen (BMI zwischen 18,5 und 24,9) hatten 6,5% eine schwere Migräne (pulsierender Kopfschmerz an 10 – 14 Tagen pro Monat). Bei den stark Übergewichtigen (BMI über 34,9) waren es 10,4%. Zwischen Übergewicht und Spannungskopfschmerzen konnten die Wissenschaftler jedoch keinen Zusammenhang feststellen.
Was hilft bei Kopfschmerzen?
Meistens verbessern sich die Symptome bei Spannungskopfschmerzen durch Bewegung an der frischen Luft. Sollten die Beschwerden länger als eine halbe bis eine Stunde anhalten, nehmen Sie ein bis zwei Tabletten der gängigen Kopfschmerzmittel, z.B. Thomapyrin®, Aspirin®, Dolormin® , etc., ein.
Bei Migräne verschlimmern sich dagegen die Symptome bei Bewegung oder körperlicher Anstrengung. Zur Behandlung der Migräne rücken heute neben den bekannten und bewährten Schmerzmitteln, sowie den früher viel verordneten Ergotaminen, die neuere Klasse der Triptane, z.B. Formigran® oder Dolortriptan® in den Vordergrund der Therapie. Sie ermöglichen bei den meisten Patienten eine rasche und deutliche Schmerzlinderung. Allerdings sind diese Medikamente für Personen, die stark erhöhten Blutdruck oder Koronare Herzerkrankungen (KHK) haben, nicht geeignet.
Ebenso sollten Kinder und Patienten, die über 60 Jahre alt sind, diese Medikamente nicht einnehmen. Zusätzlich ist eine medikamentöse Behandlung von Übelkeit und Erbrechen für die betroffenen Migräniker unbedingt zu empfehlen.
Was kann ich sonst noch tun?
Ein Kopfschmerzkalender, in dem die wichtigen Daten Ihres Kopfschmerzes oder Ihrer Migräne, wie: Datum, Dauer und Schwere der Attacke, sowie eingenommene Medikamente eingetragen werden, hilft Ihnen und Ihrem Arzt und Apotheker die richtige Therapie zu finden. Als unterstützende Maßnahmen bieten sich autogenes Training oder Muskelentspannungsübungen nach Jacobsen an, die schnell zu erlernen und praktisch überall durchzuführen sind.
Können Medikamente Kopfschmerzen auslösen?
Neben einigen Arzneimitteln zur Blutdrucksenkung, z.B. die Wirkstoffgruppe der Nitrate, können auch Ergotamine sowie alle gängigen Kopfschmerzmittel, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, bei zu häufiger Einnahme oder Missbrauch Kopfschmerzen erzeugen.
Als grundsätzliche Empfehlung gilt deshalb: Medikamente gegen Kopfschmerzen oder Migräne nicht länger als drei Tage nacheinander und nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat einnehmen!
Ihr Apotheker Joachim Schulz